28/03/2019

What if... wenn autonomes Fahren die Norm geworden wäre?

Shared Cars, shared Cities

Autonome Fahrzeuge werden nicht nur den Verkehr revolutionieren, sondern auch Stadt und Gesellschaft.
Der Übergang von der Pferdekutsche zum Automobil hat die Materialität und Grundform der Stadt, aus steinernen Wohnbauten und Straßen zu bestehen, nicht wesentlich verändert. Vergleicht man Fotografien des 19. und 20. Jahrhunderts, ist das Spalier der parkenden Autos neben der gestiegenen Dichte des Individualverkehrs die deutlichste Wandlung des Stadtbilds. Das kann, soll und wird sich schon in naher Zukunft ändern.

Die Entwicklung selbstfahrender Automobile eröffnet die Möglichkeit der nahezu parkplatzfreien Stadt.

Ohne parkende Fahrzeuge wird sich das urbane Szenario zwar dem des 19. Jahrhunderts wieder etwas annähern, mit einigen Unterschieden: Seit dem Mittelalter hatte sich die Stadt gegenüber dem ärmeren Land durch das Fehlen von Nutzpflanzen und die spärliche Verwendung von Zierpflanzen profiliert. Was wir heute bereits kennen, sind Bilder der stark begrünten „autofreien Stadt“ und Architekturentwürfe, in denen Wohnbauten wie Regale für Büsche und Nutzpflanzen in Blumentrögen aussehen. Sie sind symbolische Gegenbilder zu all den Problemen, die der bisherige Autoverkehr in den Städten verursacht hat: Schlechte Luft, Lärm, lückenlose Asphaltierung, zugeparkte Straßen, Verkehrsunfälle, Gefahren für Kinder, Konflikte zwischen Autofahrern, Radfahrern und Fußgängern, vor allem aber Stau, jenes absurde Phänomen der Selbstblockade, in dem Fahrzeuge einander am Fahren hindern.

Im Zukunftsszenario der ausschließlich von autonomen – und über Sharing-Plattformen genutzten -Fahrzeugen mobilisierten Stadt sind diese Probleme verschwunden.

Es wird leise und ereignislos

Leise Elektroautos, die dank Konnektivität und Künstlicher Intelligenz ihre Bewegungen miteinander abstimmen, können unfallfrei den verfügbaren Gesamtraum optimal nutzen, sich abstandsfrei verketten und sich gemeinsam zu staufreiem Fahren organisieren. Im Idealfall gibt es in Städten nur noch autonome Sammeltaxis, die rund um die Uhr in Bewegung sein können. Derzeit ist ein Auto im Durchschnitt nur eine Stunde täglich unterwegs, die restlichen 23 Stunden verbringt es auf einem Stellplatz. Nach offiziellen Schätzungen würden 60-80 Prozent aller heutigen Parkplätze frei. Die beträchtlichen neu hinzugekommenen Flächen könnten für Agrikultur, Geh- und Radwege, Blumenbeete, Spiel- und Sportplätze, Gastronomie, Wiesen und Bäume nutzbar werden. Ebenso könnte die erwartete Zuwanderung in die Städte neue Formen der Nachverdichtung notwendig machen, für die der leer gewordene Stadtraum bereit stünde. Der stadtgestalterischen Phantasie sind kaum Grenzen gesetzt.

Das mag wie eine ferne Utopie klingen. Tatsächlich ist es eine zukünftige Realität, von der wir jetzt schon mit Gewissheit sagen können, dass sie unausweichlich auf uns zukommt. „Die Frage ist nicht, wann die autonomen Autos kommen, sondern wie lange noch Menschen Fahrzeuge lenken dürfen“, lautet ein berühmtes Zitat von Tesla-Gründer Elon Musk. Das Projekt ist auf Schiene, die gesamte Automobilindustrie der Welt wetteifert darum, die ersten Plätze im Mobilitätssystem der Zukunft zu besetzen. Die technischen Möglichkeiten entwickeln sich viel schneller als die Reaktions- und Entscheidungszyklen jener Institutionen, die jetzt gefordert sind, rechtzeitig Maßnahmen zu ergreifen, um nicht von der Entwicklung überrollt werden.

Derzeit ist ein Auto im Durchschnitt nur eine Stunde täglich unterwegs, die restlichen 23 Stunden verbringt es auf einem Stellplatz. Nach offiziellen Schätzungen würden 60-80 Prozent aller heutigen Parkplätze frei. Die beträchtlichen neu hinzugekommenen Flächen könnten für Agrikultur, Geh- und Radwege, Blumenbeete, Spiel- und Sportplätze, Gastronomie, Wiesen und Bäume nutzbar werden. Ebenso könnte die erwartete Zuwanderung in die Städte neue Formen der Nachverdichtung notwendig machen, für die der leer gewordene Stadtraum bereit stünde. Der stadtgestalterischen Phantasie sind kaum Grenzen gesetzt.

Fahren oder gefahren werden?

Das Bewusstmachen dessen, was da gerade auf uns zurollt ist der erste Schritt um die neue Technologie in eine für die Gesellschaft wünschenswerte Richtung zu lenken. Man muss die Chancen wie die Risiken kennen, um richtige Entscheidungen treffen zu können, und der einzig richtige Moment dafür ist jetzt. Fahren oder gefahren werden ist die künftige Frage nach der Nutzung des Automobils, lenken oder überrollt werden ist die aktuelle Frage nach der Verkehrspolitik der Gesellschaft. Das autonome Fahrzeug ist nämlich nicht bloß ein bequemeres Auto. Seine technischen Möglichkeiten führen logisch zwingend zu einer kompletten Neuordnung der Mobilität. Diese stellt Infrastrukturplaner vor Herausforderungen, die beispiellos sind in der Geschichte. Die Politik muss jetzt das Heft des Handelns ergreifen, wenn sie es in der Hand behalten will. Die Technik ist da, nun kommt es drauf an, was der Mensch daraus macht.

Das Tauziehen um die Zukunft der Mobilität hat längst begonnen,
mächtige Player verfolgen ihre je eigenen Interessen:

Die Autoindustrie sähe es gern, wenn wie bisher jeder sein eigenes Auto kauft und sich von diesem länger und öfter als bisher fahren lässt, was zu erwarten ist, wenn man während der Fahrt arbeiten, schlafen, Medien konsumieren oder spielen kann. Zusätzliche Konsumenten ließen sich aus den bisher vom Fahren ausgeschlossenen Gruppen wie Blinden, Alkoholikern, Hochbetagten, Jugendlichen und Kindern rekrutieren. Einkaufs- und Botenfahrten ohne Mensch an Bord würden das Verkehrsaufkommen weiter erhöhen.

Die Kommunen wünschen sich das genaue Gegenteil.

Sie wollen möglichst wenige Autos in der Stadt, den Umstieg auf Elektroantrieb, hohe Konnektivität vielfältiger Verkehrsmittel, Carsharing statt Individualverkehr und im Optimalfall ein einziges integriertes städtisches Mobilitätssystem, das die Kommunen selbst ihren Bewohnern bereitstellen. Das autonome Auto sähen sie am liebsten als Sammeltaxi, das nur für die letzte Meile zwischen öffentlichem Verkehrsmittel und Wohnhaus benutzt werden darf.

Die Konsumenten werden in der Entscheidung ein großes Gewicht haben, sowohl durch ihr Kaufverhalten als auch durch ihre politischen Präferenzen zwischen Individual- und Kommunalverkehr.

Wird man auf die Lust am Lenken verzichten können? Wird es Freude machen, wenn sich die Zeit im Auto nicht mehr von der Zeit im Büro oder im Wohnraum unterscheidet? Was die Käufer wünschen werden, ist am wenigsten vorherzusehen. Medien, Werbung und Propaganda werden die stärksten Einflussfaktoren sein.

Die Dienstleister aller Wirtschaftsbereiche, die an die Existenz des individuellen ölbetriebenen Autos gekoppelt sind, wünschen sich Planungssicherheit und Rechtssicherheit für ihre Investitionen und ihre Betriebsführung. Parkhäuser und Tiefgaragen, Tankstellen und Reparaturwerkstätten (E-Autos brauchen kaum Service), Taxis, Verkehrsämter und Unfallspitäler, Autohandel und Versicherer, Ampelhersteller und Verkehrspolizisten, Parkraumbewirtschaftung und –überwachung, Gehsteige, Verkehrsschilder, Lärmschutzwände und Radarfallen könnten verschwinden, wenn nur noch autonome Elektrofahrzeuge unterwegs wären.

Die Medienindustrie versucht bereits, Kooperationen mit Autoherstellern einzugehen, weil sie die untätig transportierten „Autofahrer“ als künftige Zielgruppe für Informations-, Werbe- und Unterhaltungsangebote erkannt hat. Audi bietet mit Holoride eine Plattform für Virtual Reality Filme und Videospiele an, deren Inhalte automatisch an die Fahrbewegungen des Autos angepasst werden. Eine Studie von Mercedes zeigt im Fahrgastraum Hologramme. Die Werbeindustrie ebenso wie Disney setzen auf die Fahrgastzelle als neuen Medienraum, der entweder mit VR-Brille oder Projektion auf die Fensterscheiben bespielt werden soll. Warner Brothers kooperiert mit Intel und BMW, Ubisoft mit Renault.

Daraus ergibt sich insgesamt nicht nur ein idealer Anwendungsfall von Mixed Reality, sondern auch ein neues Geschäftsmodell, das den Druck auf die Einführung autonomer Fahrzeuge erheblich steigert.

Wie tief in die Struktur und Ökonomie der Städte eingegriffen werden könnte, sei an zwei Beispielen gezeigt: In manchen kleineren Städten Amerikas machen die Einnahmen aus Parkgebühren und Verkehrsstrafen zwischen 25 und 59 Prozent des kommunalen Gesamtbudgets aus – dort wächst die Sorge, wie man die neuen Anforderungen an die Infrastruktur künftig finanzieren soll, wenn Roboter keine Fehler begehen und Autos nicht mehr parken müssen, weil sie nachts für die Transporte von Sachen im Einsatz sind.

Ein komplettes Umdenken kommunaler Verkehrspolitik erforderte das Szenario,
den gesamten Verkehr von autonomen Sammel- und Transporttaxis abwickeln zu lassen
und alle öffentlichen Verkehrsmittel stillzulegen.

Schon Gottlieb Daimler hatte während einer Bahnreise durch Russland die Vision, es könnten dereinst einzelne Waggons die Schiene verlassen und ein individuelles Ziel ansteuern. Wenn heute von autonomen Autos gesprochen wird, denkt man in der gewohnten Tradition. Man könnte sie genauso gut als entkoppelte Waggons oder Abteile einer Bahn betrachten, die sich auch zu einem längeren Tross zusammenschließen können, wo das praktisch ist. Dann ließe sich für die U-Bahn-Röhren und Trassen der öffentlichen Verkehrsmittel eine Nachnutzung denken als Strecken für den innerstädtischen Schnellverkehr zwischen entlegenen Bezirken. Anstelle von Haltestellen müsste es dann Zubringer und Abfahrten geben. Da Roboter sich synchron und präzise bewegen können, benötigen sie weder beim Fahren noch beim Parken den für Menschen nötigen Abstand und Raum. Für die konnektiven autonomen Fahrzeuge der Zukunft gibt es noch kein passendes Wort. „Mobilitätskapseln“ wäre treffend, aber klingt nicht schön. Immerhin hülfe es uns zu begreifen, dass Öffentlicher Verkehr und Autonome Autos keine Gegenspieler sein müssen, sondern sich als ein und dasselbe herausstellen könnten.

 

Ob autonome Fahrzeuge zu mehr oder zu deutlich weniger Verkehr in den Städten führen werden,
ist noch nicht ausgemacht.

Vermutlich werden weder die Autoindustrie noch die Kommunen ihre Wünsche kompromisslos umsetzen können. Alle Player im Feld künftiger Mobilitätslösungen sind voneinander abhängig und müssen kooperieren. Die Städte werden ein komplettes Transportsystem nicht ohne die Industrie anbieten können. Die Hersteller werden auf die Forderungen der Kommunen, den Autoverkehr zu entlasten, eingehen müssen. Auch die Dienstleister und die Konsumenten werden ihr Gewicht in die Entscheidungsprozesse einbringen. Als ein besonderer Stolperstein dürfte sich das von der Technologie nahegelegte Fahrverbot für Menschen erweisen.

Doch wer will noch die Verantwortung für Unfälle verursachende menschliche Fahrer übernehmen, wer will sie versichern, wenn unfallfreie Roboterautos zur Verfügung stehen?
Zahlreiche gesellschaftliche Veränderungen begünstigen die Akzeptanz von autonomen Autos, die über Sharing-Plattformen mietbar sind. Die bisherigen Einstiegskosten ins Autofahren wie Führerschein und Fahrzeugkauf fallen weg, man braucht sich um Service und Reparaturen nicht mehr zu kümmern, nicht einmal eine Altersgrenze hält junge Menschen davon ab, sofort ein Auto zu benutzen. Sharing-Ökonomie ist in den jüngeren Generationen sehr beliebt, immer mehr Konsumbereiche laden dazu ein, vorhandene Dinge nicht brach liegen zu lassen, sondern über Apps organisiert mit mehreren Menschen zu teilen. Shared Offices werden nun auch von Großkonzernen genutzt. Shared Living ist eine neue Wohnform, die zu neuen Bau- und Einrichtungsformen geführt hat. Baugruppen werden immer beliebter, in denen die individuell genutzten Wohnungen kleiner sein können, weil etliche Funktionen in geteilte Räume ausgelagert werden. Apps machen es möglich, dass auch in Wohnhäusern das Organisieren von Nutzungszeiten leicht funktioniert.

Das zukünftig mögliche Mobilitätssystem, in dessen Zentrum fahrerlose Fahrzeuge stehen,
hat so viele Vorteile, dass seine Einführung beinahe als unumgänglich erscheint.

  • Es ist sozial gerecht, weil es niemanden vom Autofahren ausschließt.
  • Es gibt keine Einstiegsschwelle und die Kosten für den Einzelnen sind gering.
  • Die Nutzung ist bedarfsabhängig.
  • Die Versicherungskosten sinken deutlich,
  • es gibt keine Staus mehr,
  • dafür viel Grün in der sauberen, ruhigen und ökologischen Stadt.
  • Die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer wächst.
  • Der Trend zu längerem Leben und die Umkehr der Alterspyramide begünstigen eine Technik, mit der auch Hundertjährige überall hinfahren können.

Mobilität mittels Apps zu organisieren ist jetzt schon für viele Menschen eine Gewohnheit. Nicht zuletzt ist die Sorge, überwacht zu werden, im Abnehmen, nicht weil sie unbegründet wäre, sondern weil sie als unvermeidlich gesehen wird und jeder, der ein Mobiltelefon besitzt, sich längst daran gewöhnt hat.

Die Zahl der Führerscheinprüfungen geht jetzt schon zurück, Autos werden nicht mehr als Statussymbole empfunden, jederzeit mobil zu sein wird als höherer Wert gesehen. Ökologische und soziale Motive bestimmen mehr und mehr das Konsumverhalten. All diese Trends führen geradewegs auf das autonome elektrische Sammeltaxi zu. Wer heute nicht beginnt, sich darauf vorzubereiten, wird in der nahenden Mobilitätsrevolution das Nachsehen haben.

Für die Zukunftsplanung benötigt man Szenarien, die realistisch und in ihren Wechselwirkungen, Hintergründen und Rahmenbedingungen gründlich durchdacht sind. Da die Szenarien multidimensional und komplex sind, genügt es nicht, sie abstrakt und in Daten darzustellen. Damit alle in den Prozess des Aushandelns involvierten Player vom Gleichen reden, müssen sie sich dieses vorstellen können, möglichst konkret, anschaulich und im Detail.

3D Visualisierungen sind dafür das geeignetste Medium – das hat sich im Wiener Experiment von Wideshot gezeigt, bei dem man durch die parkplatzfreie Innenstadt spazieren gehen konnte, ausgerüstet bloß mit einem Smartphone und einer kleinen Vorrichtung aus Pappkarton vor den Augen.

Es hat Geschichte

Im Österreichischen Gewerbeverein gaben sich schon viele Visionäre die Türklinke in die Hand. Vom Erfinder der Würfelzuckerpresse Jacob Rad (1843), über den Flugpionier Wilhelm Kress (Vorführung eines Modellflugzeuges im Festsaal 1883) oder dem Entwickler der elektronischen Tinte Joseph Jacobson (Wilhelm Exner Medaille 2013). Aus den Reihen des Gewerbevereins heraus entstanden die Handelskammern, das Technische Museum Wien, das TGM und die Urania.

Einer dieser Visionäre aus dem Heute ist Oliver Bertram mit seiner Firma Wideshot GmbH.

Wideshot hat Erfahrung im Organisieren partizipativer Entscheidungsprozesse, im Konzipieren und Entwerfen virtueller Szenarien und in der gestalterischen Umsetzung komplexer Parameter in eine ansprechende mediale Form. Das hat sich für Kunden aus den Kreisen der Kommunen, der Autoindustrie und der Wirtschaft bewährt. Die realitätsnah erlebbaren Szenarien sollen allen beteiligten Playern die Möglichkeit geben, gemeinsam Mobilitätslösungen zu entwickeln, die ökologisch, sozial und ökonomisch nachhaltig sind.

http://www.wideshot.at