26/09/2022

Nachhaltigkeit. Über ein Trendwort mit Vergangenheit und ein Best-Practice-Beispiel aus Niederösterreich

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Ein sparsamer Umgang mit Ressourcen ist das Credo der Stunde und Nachhaltigkeit das große Schlagwort unserer Zeit. Dabei ist Nachhaltigkeit eigentlich ein uraltes Konzept. “Der Begriff kommt aus der Forstwirtschaft aus dem Jahr 1713 von einem deutschen Förster, der gesagt hat: „Ein nachhaltig bewirtschafteter Wald bedeutet, nicht mehr Bäume zu schlägern, als in einer Generation nachwachsen können.“ Ein sehr einprägsames Bild, unter dem sich jeder etwas vorstellen kann“, sagt Ursula Oberhollenzer, Vizepräsidentin des Österreichischen Gewerbevereins (ÖGV) mit Themenschwerpunkt Nachhaltigkeit.

Bereits im 18. Jahrhundert haben sich die Menschen also schon Gedanken darüber gemacht, welche Ressourcen sie zur Verfügung haben und wie sie damit umgehen sollen. Es folgten die industrielle Revolution, zwei Weltkriege und der Kapitalismus. Neue Stimmen wurden laut, die auf einen sparsamen Umgang mit Ressourcen pochten. Im Brundtland-Bericht der UNO aus dem Jahr 1987, wurde etwa eine moderne Definition von nachhaltiger Entwicklung formuliert. Darin heißt es: “Nachhaltige Entwicklung ist eine Entwicklung, die den Bedürfnissen der heutigen Generation entspricht, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen.“ Neu ist der Gedanke also nicht.

Langjährige Bemühung

Ursula Oberhollenzer, MSc.

Im Jahr 2010 folgte dabb die ISO26000, ein freiwilliger Standard zur Wahrnehmung gesellschaftlicher Verantwortung in den Bereichen Organisationsführung, Menschenrechte, Arbeitspraktiken, Umwelt, faire Betriebs- und Geschäftspraktiken, Konsumentinnen- und Konsumentenanliegen sowie Einbindung und Entwicklung der Gemeinschaft. 2015 kamen dann die SDGs dazu, mit ihren 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung der UNO – die sogenannte Agenda 2030, das zweite Nachhaltigkeitsprogramm der Vereinten Nationen. Daraufhin einigte man sich außerdem noch auf das Pariser Klimaabkommen und das berühmte 1,5-Grad-Ziel. “Das können wir aus heutiger Sicht aber wahrscheinlich gar nicht mehr erreichen, weil seit 2015 einfach zu wenig passiert ist”, erklärt Oberhollenzer.

Deshalb habe die EU 2020 die Taxonomie-Verordnung vorgestellt. Sie soll die Umsetzung der Agenda 2030 und des darauf basierenden EU Green Deal sowie dass Pariser Klimaabkommen beschleunigen und damit den Übergang zu einer klimaneutralen Kreislauf-Wirtschaft erleichtern, die sorgsam mit ihren Ressourcen umgeht. So soll die langfristige Wettbewerbsfähigkeit der EU sichergestellt werden. “Die Taxonomie-Verordnung ist ein Instrument, um Finanzströme nur mehr in ökologisch nachhaltige Wirtschaft zu pumpen. Das heißt nicht, dass anderes gar nicht mehr finanziert wird. Aber je besser Unternehmen ökologisch geratet werden, weil sie die Taxonomie erfüllen, umso besser ist es für sie, wenn sie Drittmittelfinanzierungen benötigen, Anleihen begeben wollen etc.”, erklärt Ursula Oberhollenzer. Durch die neuen Berichtsvorgaben soll auch sogenanntes “Greenwashing” sichtbar gemacht werden – eine Praktik, die Unternehmen nachhaltiger dastehen lässt, als sie de facto sind.

Aber nicht alle Unternehmen müssen sich mit fremden Federn Schmücken. Einige davon haben bewiesen, dass ein schonender Umgang mit Ressourcen möglich ist,, noch lange bevor die Eu ihre vielzitierten Daumenschrauben ansetzt.

Best Practice

Riess KELOmat ist nicht nur bereits seit 1550 am Standort Ybbsitz aktiv, sondern war auch einer der ersten mittelständischen Betriebe, der regelmäßig Berichte über sein Nachhaltigkeitsprogramm veröffentlicht hat. Das auf Kochgeschirr spezialisierte Unternehmen hat dabei eine ganz besondere Herangehensweise.

Denn um die Energieversorgung der Produktionsstätte langfristig sicherzustellen, haben die Großväter der heutigen Besitzer bereits zwischen 1926 und 1935 drei Wasserkraftwerke erbauen lassen. Diese speisen die Anlagen bis heute mit erneuerbaren Strom. Das Unternehmen – allen voran Geschäftsführer und Chief Technical Officer (CTO) Friedrich Riess – ist bekannt für seine unkonventionellen und kreativen Ansätze. Auch, was den Einsatz von Maschinen angeht: “Wenn neue Entwicklungen nicht zu unserer nachhaltigen Arbeitsweise passen, beginnen wir unkonventionell zu denken”, erklärt Friedrich Riess. “Denn für uns gehört zum Thema Nachhaltigkeit auch, Maschinen und Geräte so lange zu nutzen, wie sie einem von Nutzen sind. Mich ärgert es, dass heute viele Menschen und Anlagen plötzlich nicht mehr verwendet werden dürfen, weil es heißt, dass sie nicht mehr dem Stand der Technik entsprechen. Für mich ist dass der Inbegriff von Energieverschwendung.” Eien Denkweise, die sich für das Unternehmen durchaus ausgezahlt hat: “Wir haben sogar schon einen Effizienzpreis gewonnen, weil wir alte Maschinen revitalisiert haben. Ich lasse mir doch keine neue Maschine auf´s Auge drücken, die zehnmal so viel Strom braucht, wie die alte. Also haben wir die bestehende einfach modernisiert und auf den neuesten Sicherheitsstandard gebracht – woraufhin uns der TÜV attestiert hat, dass wir damit den Stand der Technik neu definiert haben“, freut sich der Geschäftsführer.

Grüne Chancen

Unternehmen müssten die Chancen, welche Nachhaltigkeit mit sich bringt, einfach besser verstehen, ist Oberhollenzer überzeugt: „Europa ist ein ressourcenarmer Kontinent. Wenn wir unsere Ressourcen im Kreislauf halten, was ja ein großes Thema der EU ist, dann haben wir wahnsinnig viele Vorteile. Wenn wir Ressourcen effizienter, kostengünstiger und unsere Wirtschaft somit risikofreier gestalten können – das wäre doch ein super Plan“, ist Oberhollenzer überzeugt und resümiert: „Nachhaltigkeit ist kein Sprint, sondern ein Marathon. Unternehmen sollten dafür sorgen, dass sie Labstellen am Rande dieses Nachhaltigkeitsmarathons haben und, dass sie sich Zwischenziele zusammenstellen. Irgendwann sind sie dann dort, wo sie sein müssen. Aber es beginnt immer mit dem ersten Schritt.“