21/06/2022

Neue Lösungen braucht das Land!

ÖGV: Massenhafte Einzelmaßnahmen verstellen den Blick auf tragfähige Ansätze.

Die letzte große Krise ist noch nicht vorbei, da stehen wir mitten in neuen Herausforderungen, deren Ursachen die österreichische Bundesregierung alleine nicht lösen kann. Sie könnte die Auswirkungen lokal abschwächen. Sie setzt aber abermals auf eine Mischung aus Ankündigungen und Minimalmaßnahmen, die in ihrer Gesamtheit weder das Problem eindämmen, noch finanzierbar bleiben. Der Österreichische Gewerbeverein (ÖGV) spricht sich daher entschieden für tragfähige Lösungen aus: „Wir fordern die Bundes- und die Landesregierungen auf, sich auf jene Lösungen zu konzentrieren, die in ihrer Kompetenz liegen und das Beste aus den eingesetzten Milliarden holen. Das ist aus unserer Sicht, den Strompreis zu kappen, die Lohnverhandlungen zu unterstützen und die kalte Progression zu beenden. Alle drei Maßnahmen würden sofort Wirkung zeigen,“ legt ÖGV Präsident Peter Lieber vor.

Jedem Unternehmen ist klar, dass man in einem reißenden Fluss die Pferde nicht wechseln sollte. Die von der Bundesregierung zur Bewältigung der Inflations- und Energiekostensteigerungen gesetzten Maßnahmen sind auch in ihrem Zusammenwirken vom Energiegutschein über zusätzliche Familienbeihilfe, Sonderpensionserhöhung, Teuerungsausgleich, Schulstartgeld, erhöhte Pendlerpauschale, Familienbonus, Klimabonus, Teuerungsbonus, Versorgungsbonus, Teuerungsabsetzbetrag, Kindermehrbetrag und kleinere Inflationsanpassungen ineffizient, nur kurzfristig und teils kontraproduktiv wirksam, letztlich in der Abwicklung zu kompliziert und zu teuer. Peter Lieber dazu: „Die Maßnahmen sind gut gemeint. Das Problem dabei ist, dass die Republik immer zu symbolträchtigen und teuren Lösungen neigt. Jedem Bonusempfänger müsste längst klar sein, dass ihm zuerst 300,- Euro weggenommen werden mussten, damit er jetzt 150,- Euro z.B. an Energiebonus zurückerhalten kann. Und falls es ihm überhaupt gelingt diesen einzulösen, wirkt er erst im nächsten Jahr. Das ist Showpolitik und sorgt dafür, dass wir, die Pferde, die dass alles tragen müssen, Vertrauen verlieren und bald ertrinken werden.“

Kleiner Einsatz große Wirkung

Der ÖGV fordert daher aus den Fehlern der letzten Krisen zu lernen und die Mittel des Bundes nur für Maßnahmen mit der größten Hebelwirkung einzusetzen. Gewerbe-Präsident Lieber: „Es braucht weder neue Strukturen, noch zahllose Mikro-Maßnahmen. Es braucht beherztes Leadership. Unternehmerisches Denken wäre natürlich nützlich. Wenn die Gefahren erkannt sind, ist jedes weitere Herumeiern, Verzögern und Verschleppen das Allerletzte, was hilft. Der ÖGV und andere freie Verbände schlagen daher drei rasch wirksame Maßnahmen vor:

  1. Die rückwirkende Abschaffung der kalten Progression 1.1.2022 als langfristig wirksame Entlastung der Arbeitnehmer.
  2. Eine unmittelbare Senkung der Stromkosten, um mindestens ein Drittel, zur Beruhigung der Märkte.
  3. Eine Lohnrunde im Herbst, die sowohl Arbeitnehmern als auch Arbeitgebern eine tragfähige Perspektive bieten: Stichwort Halbe-Halbe.

Das ist für alle eine Win-Win Situation, bremst die Inflation ab und ist zudem unmittelbar in bewährten Kanälen umsetzbar.“

Maßnahme 1: Die ersatzlose und komplette Abschaffung der kalten Progression

Der ÖGV fordert seit vielen Jahren die Versprechungen aller politischen Parteien endlich umzusetzen und die kalte Progression ersatzlos zu beenden. Peter Lieber: „Wir bestehen darauf, dass die kalte Progression zur Gänze und automatisiert abgeschafft wird. und wir fordern, dass dies zur Absicherung der Kaufkraft unserer Arbeitnehmer rückwirkend zum Jahresanfang geschieht. Das entlastet uns und unsere Beschäftigten langfristig. Es ist nicht länger einzusehen, dass der Staat aus Bequemlichkeit, mangelnder Durchsetzungskraft oder fehlendem Reformwillen ineffiziente Strukturen bestehen lässt. Nicht zuletzt die Covid Krise hat den Veränderungsbedarf schonungslos offengelegt. Wir lassen uns die Börserln nicht länger ausräumen. Wann, wenn nicht in einer so substanziellen Krise, wie diese Energiekrise, wäre ein guter Zeitpunkt dafür, Unternehmen und Steuerzahler zu entlasten.“

Maßnahme 2:  30-40% Strompreissenkung durch schlaue Hebelwirkung sofort

Der ÖGV regt daher an, das Problem an der Wurzel zu packen. Der Strompreis wird gemäß Merit-Order-Prinzip ermittelt. Dabei bestimmt das teuerste Kraftwerk den Preis für alle Lieferanten. In der Regel sind das die Gaskraftwerke. In Österreich wird dort durchschnittlich etwa 15% des Stroms erzeugt. Bei 30 Cent je Gigawatt summiert sich das auf etwa 3 Mrd. Euro pro Jahr und treibt den Preis der anderen Anbieter. Würde man nun an diesem Punkt z.B. 1 Milliarde zuschießen, so würde der Preis auf 20 Cent fallen – beim Gaskraftwerk und damit – Merit-Order sei Dank – bei allen anderen Anbietern. Aufsummiert senkt der Jahresstrompreis in Österreich von ca. 21 auf 14,5 Mrd. Euro. Für einen eingesetzten Euro sparen Wirtschaft und Haushalte 6 bis 7 Euro ein. „Die Bundesregierung kann es verfügen. Sie sollte es mit allen Begleitmaßnahmen auch sofort tun,“ empfiehlt Peter Lieber.

Maßnahme 3: Halbe-Halbe bei den Gehaltsrunden im Herbst

Die Erwartungen an die kommenden Lohnrunden sind von beiden Seiten hoch. Ein großer Sprung bei den Gehältern würde die einfachste und effizienteste Maßnahme für die Arbeitnehmer sein, gegen die hohe Teuerung anzukommen. Doch ist die Gefahr hoch, dass die Möglichkeiten der Unternehmen überschätzt, die Inflation weiter angefacht und Weg in eine Lohn-Preisspirale münden wird.

Der Österreichische Gewerbeverein (ÖGV) setzt daher mit anderen freien Verbänden auf eine Win-Win-Lösung für beide Seiten und bringt diesen Vorschlag in die Diskussion ein:

Eine Lohnerhöhung in der notwendigen Höhe der bisher entstandenen Inflation ist zu begrüßen, kann aber von den Unternehmen nur zu Hälfte getragen werden, zu groß sind die anderen Belastungen, wie Energiepreise, stockende Lieferketten oder der Facharbeitermangel. Für den zweiten Teil der Erhöhung muss die Bundesregierung eine entsprechende Lohnsteuersenkung veranlassen, bzw. dort wo nötig mittels negativer Steuer unterstützen. Der erreichte Lohnsprung würde den notwendigen Ausgleich besser und günstiger unterstützen, als es die vielen Einzelförderungen je erreichen könnten.

Schließend regt Unternehmerpräsident Peter Lieber an: „Die Bundesregierung möge beginnen die Bevölkerung auf einen Krisenwinter einzustimmen. Wir werden eher wahrscheinlich beim Einsatz von fossiler Energie sparen müssen. Damit sollten wir besser früher als später beginnen, um genügend Reserven aufzubauen, damit wir die Produktionen am Laufen und die Gebäude einigermaßen warmhalten können. Wollen wir gut durch den Winder kommen, können wir uns keine weitere Zögerlichkeiten leisten.“

#ÖsterreichGemeinsamVoranbringen #SchlauSeit1839