24/10/2022

Lohnverhandlung. In Hinblick auf die Lohnabschlüsse im Herbst wiederholt der Österreichische Gewerbeverein (ÖGV) seinen Vorschlag für einen leistbaren Inflationsausgleich

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Der Präsident des Österreichischen Gewerbevereins (ÖGV), Peter Lieber, ist überzeugt: „Nur eine Kombination aus Lohnabschluss und Lohnsteuer- bzw. vorgezogenen Einkommensteuer-Senkungen im Gleichklang, kann den Arbeitnehmer einen vollen Inflationsausgleich bringen – und den durch die Energiekrise geplagten Mittelständischen Unternehmen eine wichtige Erleichterung. Die Lohn-Preisspirale wäre gebrochen. Durch die inflationsbedingten höheren Steuereinnahmen aus Mehrwertsteuer und Einkommensteuer sind für den Staat auch die Kosten für den staatlichen Ausgleich gedeckt.“

Unternehmen befragt

In einer repräsentativen Umfrage unter den Mitgliedern der Unternehmensverbände (Anm. insgesamt über 2000 Teilnahmen), stimmten 88% der befragten Betriebe dem HALBE-HALBE-Vorschlag zu. Mehr als 77% der Unternehmen würden sich bei einer Lohnerhöhung ab 8% und darüber veranlasst sehen, die Preise für ihre Produkte und Dienstleistungen zu erhöhen. Ein Drittel der Unternehmen hätte durch so eine Lohnerhöhung finanzielle Probleme zu bewältigen und ein weiteres Drittel würde sich dadurch gezwungen sehen, Mitarbeiter abzubauen.
Von den Unternehmen, die Mitarbeiter abbauen müssten, fallen wiederum über 50% in die Gruppe der Großunternehmen mit mehr als 250 Mitarbeiter. „Daher müssen wir genau jetzt die Inflation bekämpfen, die Lohnlast den Unternehmen erleichtern und damit Kaufkraft, Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung sichern. Das ist ein Anliegen aller“, betont Peter Lieber.

Schwierig für Kleine

Laut der Umfrage könnten 84% der Betriebe die notwendigen Preiserhöhungen nicht, oder nur teilweise durchsetzen. Die größten Probleme orten die Verbände bei jenen Unternehmen, die die Preiserhöhungen aufgrund ihrer Kleinheit oder Schwäche nicht für sich durchsetzen können. Dies betreffe vor allem Ein-Personen-Unternehmen (EPU), gefolgt von Betrieben mit bis zu zehn Mitarbeitern. Und auch Klein- und mittelständische Unternehmen (KMU) mit zehn bis 250 Beschäftigten rechnen sich in Bezug auf eigene Preiserhöhung nur durchschnittliche Chancen aus.
Am leichtesten würden sich hier die Großunternehmen tun, „vermutlich wegen ihrer Marktmacht“. Peter Lieber interpretiert dies folgendermaßen: „Die Kleinen beißen die Hunde! Aber die sind das Rückgrat der Wirtschaft. Deshalb muss die Regierung nicht nur bei diesen, sondern auch bei allen anderen Maßnahmen KMU und unternehmerischen Mittelstand immer mitdenken. Die repräsentieren nämlich nicht nur die 7% Eigner und Eignerinnen von KMU in Österreich, sondern auch die nachweislich Wahlrelevanten 33% der Wertegemeinschaft Mittelstand, welche die Werte der mittelständischen Unternehmen teilen.“

Halbe-Halbe finanzieren

Aber wie genau könnte der Staat seinen Teil der HALBE-HALBE-Aktion bei den Lohnverhandlungen finanzieren? Dies rechnete ÖGV-Generalsekretär Stephan Blahut vor: „Der im Konzept enthaltene Nettolohnausgleich kann nur in Form der Senkung von Lohn- und Einkommenssteuern erzielt werden, welche sich durch inflationsgetriebene höhere Umsatz- und Einkommensteuereinnahmen finanziert. Die Entlastung durch den Staat würde ca. 3,5 Milliarden Euro kosten. Bei einem Bruttoeinkommen von monatlich 2.500 Euro würde dies 862 Euro pro Jahr betragen. Bei 4 Millionen Beschäftigten wären dies rund 3,5 Milliarden Euro. Die Finanzierung wäre sichergestellt, da der Staat durch die Inflation 2,5 Milliarden Euro Mehreinnahmen bei der Umsatzsteuer und bei der Lohnerhöhung von 4-5% Mehreinnahmen von rund 1,5 Milliarden Euro bei der Lohnsteuer lukriert. Der Staat würde nur seine eigenen Übereinahmen an die Bürger zurückgeben.“

Wirtschaft ist dafür

Laut der Umfrage haben 1800 Unternehmen, also fast 90 % der Befragten, ihre Zustimmung zu dem HALBE-HALBE-Vorschlag der freien Verbände gegeben. ÖGV-Präsident Peter Lieber fasst die Ergebnisse zusammen: „Unsere Ergebnisse repräsentieren – trotz leichter Ostlastigkeit im Großen und Ganzen die österreichische Wirtschaft, da Betriebe aus allen Bundesländern teilgenommen haben und auch alle Branchen vertreten sind. Die EPU und Unternehmen bis zu 10 Mitarbeitern unterstützen unsere Vorschläge am meisten, wohl weil sie die von Krisen, Energiepreisanstiegen und Inflation am meisten Geplagten sind. Auch KMU bis zu 250 Mitarbeitern gaben uns ihre Zustimmung. Letztlich lehnen auch nur 20% der Großunternehmen den Vorschlag ab – vielleicht weil sich Einzelne mit ihrer Marktmacht und Sonderregelungen mit ihren Betriebsräten und den Gewerkschaften leichter tun eigene Lösungen zu finden.“

Rasch handeln

Lieber fordert daher rasches Handeln von Seiten der Politik: „Die Wirtschaft steht nicht nur mit dem Rücken zur Wand, sie steht auch mit ihrem Rückgrat, dem Mittelstand an der Wand. Die Bundesregierung ist jetzt jedenfalls aufgefordert vom Kleinklein in große Maßnahmen zu wechseln. Eine substanzielle Lohnerhöhung hilft allen am besten bei der Bewältigung der Inflationsflut. Das ist mit unserem HALBE-HALBE-Modell möglich.“