11/03/2020

Gedanken einer Frau: eine Nachlese zum Anlass «Frauennetzwerke in Wien» am 4. März 2020

Was ist ein Verein? Er spiegelt die Geschichte des Fortschritts im 19. Jahrhundert wieder. Das neue, bürgerliche Leben in den immer grösser werdenden Städten und die wachsende industrialisierte Gesellschaft verlangte nach neuen Gesellschaftsformen. Der Verein war die Antwort darauf – so auch geschehen 1838 mit der Gründung des – damals noch – Niederösterreichischen Gewerbevereins.

In diesem städtischen, bürgerlichen Milieu waren Frauen wenig präsent und hatten keine Teilhabe in öffentlichen Bereichen. Grund dafür war die fehlende Ausbildung. Wohl wurden Mädchen je nach Stand in bestimmten Fächer unterrichtet, doch sie wurden keine Notarinnen und Ingenieurinnen, die für Übernahme von (Vereins-) Ämtern gefordert wurden. Es gab Frauen, die sich ungeachtet ihres Standes dafür einsetzten, ein gesellschaftliches Bewusstsein für diese Situation zu entwickeln und neue Wege beschritten.

Das Referat von Frau Dr. Marianne Baumgartner zeichnete an diesem Abend diese Geschichte nach. Als Basis zur Vorbereitung diente uns das Buch von Marie von Thurnberg «Gedanken einer Frau über die angeborenen Rechte des Frauengeschlechtes», welches 1846 publiziert wurde. Es ist seit letzten September das Patenbuch unseres Forums in der österreichischen Nationalbibliothek. Der Weltfrauentag bot sich geradezu an, sich mit der Autorin, dem Inhalt und dem damaligen Zeitgeschehen auseinander zu setzen. Marie von Thurnberg war denn auch die erste Präsidentin des Vereins der Künstlerinnen und Schriftstellerinnen, der sich als Frauennetzwerk vorallem um die wirtschaftliche Vorsorge seiner Mitglieder sorgte.  In Wien wurden im 19. Jahrhundert wenige, doch wichtige Frauenorganisationen gegründet. Hier ist der Frauen-Erwerb-Verein zu erwähnen, der sich besonders um die Ausbildung und (unabhängigen) Erwerbsmöglichkeiten von Frauen verdient machte. Zu den Gründerinnen zählt Helene von Hornbostel. Sie war die Frau von Theodor Friedrich von Hornbostel, dem Leiter des Niederösterreichischen Gewerbevereins von 1848 bis 1852. Womit sich der Kreis zu unserem Verein wieder schliesst.

Die Ausführungen von Marianne Baumgartner haben uns einen spannenden Abend mit unbekannten Blickwinkeln, Gelegenheit zur Diskussion und persönlichem Kennenlernen ermöglicht.  Wir bedanken uns bei unseren Gästen, die diesen Abend auch ein wenig feierlich machten. Weil – und das war unser Konsens an diesem Abend – es gibt im Rückblick auch ausreichend Gründe zum Feiern, gerade am 8. März.

Von Salomé Wagner

Fotos: Lena Horvath