14/01/2020

Erfolg über Generationen

Das Thema Nachfolge in Unternehmen ist nach wie vor brandaktuell. Mehr als 40.000 Firmen in Österreich kommen in den nächsten Jahren auf den Markt, und nicht allen gelingt es, die Gesellschaft an den eigenen Nachwuchs weiterzugeben.

Der Mittelstandsbericht des Bundesministeriums für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort stellt fest: Insgesamt stehen im Zeitraum 2018 bis 2027 etwa 41.700 kleine und mittlere Arbeitgeberbetriebe vor der Herausforderung, eine/n Nachfolger/-in zu finden. Dies entspricht 26 Prozent aller KMU (exkl. EPU) der gewerblichen Wirtschaft Österreichs (ohne die Sparten Industrie sowie Bank und Versicherung). Eine grobe Abschätzung ergibt, dass im Zeitraum 2018 bis 2027 zudem rund 10.000 EPU zur Nachfolge anstehen. Dabei handelt es sich um 3 Prozent aller EPU der gewerblichen Wirtschaft.

In der nächsten Dekade können erfolgreiche Übergaben rund 404.000 Arbeitsplätze (inkl. Unternehmer/-in) bzw. die Arbeitsplätze von 30 Prozent aller Beschäftigten in KMU (exkl. EPU) sichern. Die betroffenen KMU (exkl. EPU) könnten im Zeitraum 2018 bis 2027 voraussichtliche Umsätze von durchschnittlich fast 50 Milliarden Euro jährlich erzielen, wird die KMU Forschung Austria, die den Bericht erstellte, zitiert.

Jedes Jahr finden also rund 6.000 Betriebsnachfolgen statt, die Herausforderungen sind seit Jahren ähnlich. Vielen gelingt es nicht, die eigene Familie für den Unternehmens- gegenstand zu begeistern, oder man hat einfach versäumt, rechtzeitig die Weichen zu stellen.

Herausforderung Nachfolge

Das Problem ist nicht neu, in den vergangenen 20 bis 30 Jahren wurde es aber immer virulenter. Junge Menschen gehen heute öfter als früher neue Wege oder wandern ins Ausland. Das macht die Weitergabe in der eigenen Verwandtschaft noch schwieriger.

Viele KMU sind darüberhinaus nicht „sexy“, die Möglichkeit eines Einstiegs von Finanzinvestoren ist damit nur selten gegeben. Die Herausforderungen sind dabei in vielen Fällen durchaus ähnlich.

Besonders dann, wenn Chefin oder Chef zu lange damit gewartet haben, frühzeitig Personen im Unternehmen aufzubauen, die, unabhängig von der Eigentümerschaft, die Aufgabe und Funktion des oder der Eigentümerin übernehmen.

Von tatsächlich existenzieller Bedeutung ist dieser Aspekt jedenfalls in Handels- und noch viel stärker in Dienstleistungsbetrieben. Denn hier werden Kunden und Lieferanten häufig über Jahre von den Eigentümern persönlich betreut. Produkt- und Firmen-Know-how ist hier häufig noch in einer Person gebündelt, die Weitergabe dieses Wissens alleine ist schon eine große Hürde.

Vertrauen in die „NextGens“

Dabei ist die Einbindung junger Familienmitglieder in vielen Fällen ein positiver Schub für Unternehmen, gerade im Zeitalter der Digitalisierung. Laut dem Global NextGen Survey 2019 von PwC streben immerhin 41 Prozent der nächsten Generation (NextGens) in Familienunternehmen in den nächsten fünf Jahren eine Position als Geschäftsführer an.

Rudolf Krickl, Experte für Familienunternehmen und Partner bei PwC Österreich: „Österreichische Familienunternehmen und Mittelständler gehen zu vorsichtig an die Digitalisierung heran. Die NextGen Survey bestätigt, dass sich jedoch gerade die Chefs von morgen meist mit Begeisterung der digitalen Transformation und den Veränderungen, die damit verbunden sind, widmen.“

Und wie Georg Gaugusch in unserem Interview pointiert formuliert: „Da sitzt dann der neunzigjährige Chef und der sechzigjährige Juniorchef. Da wird nicht mehr sehr viel passieren an Innovationen.“

Früh genug vorbereiten

Neben der frühzeitigen Vorbereitung ist es aber auch wichtig, rechtzeitig für die gesunde Substanz des Unternehmens zu sorgen. Einen mit Schulden belasteten Betrieb wird man weniger gerne übernehmen. Thomas Faulmann, Mitbegründer von Faulmann + Faulmann: „Es gibt tatsächlich viele Unternehmer, die sich quasi über ihren eigenen Nachwuchs entschulden. Das geht gar nicht.“

Gelungene Beispiele gibt es viele: Die Familie Querfeld ist so eines. Ausgehend vom Café Landtmann, perfektionierte Berndt Querfeld gemeinsam mit seinen Eltern ab 1988 den „Landtmann Stil“ in der Tradition des typischen Wiener Kaffeehauses. In den folgenden Jahren übernahm die Familie weitere Cafés und brachte die Wiener Mehlspeiskultur aus dem Stammhaus auch hier erfolgreich zur Wirkung. Seit 2006 beliefert „Landtmann’s feine Patisserie“ sie alle aus einer großen Backstube in Alt Erlaa: Das Café Mozart am Albertinaplatz, das Café Residenz in Schönbrunn, das Café Hofburg im inneren Burghof, Landtmann’s Parkcafé beim Neptunbrunnen im Schlosspark Schönbrunn, das Café Museum,Landtmann’s Jausen Station im Schönbrunner Kronprinzengarten und Das Bootshaus an der Alten Donau. Bernd Querfeld beschreibt seine Rolle so: „Ich bin der ,Zukunftsminister‘ der Familie und achte auf die ständige Weiterentwicklung unserer Unternehmen. Denn der laufende ,Blick über den Tellerrand‘ lässt uns ein modernes Unternehmen sein, das natürlich auf seine Traditionen Wert legt.“

Einer der erfolgreichsten „Vermittler“ von Nachfolgelösungen für Unternehmen in Österreich ist Robert Czako. Sein Unternehmen hat bereits rund 1.000 Unternehmer erfolgreich beraten.

Einer der größten Fehler bei der Suche nach einem geeigneten Nachfolger sei dabei das alleinige Schielen auf die Zahlen. Damit ließen sich zwar oft unliebsame Überraschungen für den Käufer ausschließen, aber bei einer ausschließlichen Konzentration auf die Zahlen sei man nicht nur schlecht beraten, sondern würde auch wahre Ressourcen-verschwendung betreiben. Besonders dort, wo die Wertschöpfung eines Unternehmens auf Menschen beruht, sei es unabdingbar, den psychologisch-emotionalen Faktor zu berücksichtigen.

Übrigens: „Im Jahr 2017 wurden 6.309 Betriebe in Österreich übergeben, was deutlich zeigt, dass Betriebsnachfolge eine attraktive Alternative zur Unternehmensgründung darstellt“, kommentiert Elisabeth Zehetner-Piewald, Bundesgeschäftsführerin des Gründerservice der Wirtschaftskammer Österreich (WKO). Die aktive Suche nach bestehenden erfolgreichen Unternehmen ist also definitiv auch eine mögliche Alternative zur eigenen Neugründung. Viele Problemstellungen für Gründer – Kundenakquisition, rechtliche und steuerliche Rahmenbedingungen – sind in bestehenden Betrieben als Basis vorhanden, auf denen man aufbauen kann.

Autor: Fritz Tortal