Die Risikominimierer
Lieferantenkredite sind nach wie vor ein Eckpfeiler der Wirtschaft, aber immer mit Risiko behaftet. Der Schutz vor diesem Risiko ist für Unternehmen überlebenswichtig. Das Gespräch führte „WertVoll“ mit dem Geschäftsführer von Creditreform in Österreich, Rainer Kubicki.
Was ist die größte Herausforderung für ein Unternehmen, um sich nachhaltig und langfristig erfolgreich aufzustellen?
Kubicki: Zunächst einmal muss das, was das Unternehmen anbietet, dem Kunden einen Nutzen versprechen. Das Produkt ist das Wesentliche. Ohne ein Produkt, das gekauft wird, ist man chancenlos. Und man muss immer wieder nachjustieren, immer am Markt bleiben, Änderungen im Verhalten und bei den Bedürfnissen der Kunden analysieren und auch den Wettbewerb im Auge behalten. Dann muss natürlich verkauft werden. Sie brauchen also eine starke Vertriebsorganisation. Und dann natürlich das Risikomanagement, und hier insbesondere das Kreditrisikomanagement. Dazu gehört, eine Analyse durchzuführen, welche spezifischen Kreditrisiken vorhanden sind, wie man sich dagegen wappnet und wie hoch die persönliche Risikobereitschaft ist.
Zum Thema Verhältnis Eigenkapital zu Fremdkapital: Gibt es eine Faustregel, wie das gestaltet sein soll?
Kubicki: Eigenkapital macht das Unternehmen unabhängig von Fremdkapitalgebern und macht es dadurch krisenresistenter. Insofern gilt: je mehr Eigenkapital, desto besser. Die Ausstattung mit Eigenkapital im Verhältnis zu Fremdkapital ist in den letzten Jahren bei den österreichischen Unternehmen erfreulicherweise deutlich gestiegen. Rund die Hälfte aller Unternehmen verfügen über einen Eigenkapitalanteil von 30 % und mehr. Jedes Unternehmen sollte wenigstens die Zahl 30 als Wert für das Verhältnis Eigen- zu Fremdkapital anstreben.
Worauf müssen Gründer in den ersten drei Jahren beson ders achten?
Kubicki: Als Erstes ist sicher ein Businessplan notwendig, um die eigenen Gedanken zu sortieren. Es muss ein Konzept sein, hinter dem die Gründer stehen und das für sie auch nachhaltig umsetzbar ist. In der Gründungsphase muss ausreichend Kapital zur Verfügung stehen. Und man muss auch darauf achten, dass man nicht zu schnell wächst, damit das damit zusammenhängende Nachziehen der internen Organisation, das mit entsprechenden Kosten belastet ist, zeitgleich erfolgen kann. Gerade im Personalbereich sind Vorlaufzeiten zu beachten, bis das nötige Personal gefunden, ausgebildet und einsetzbar ist. Wichtig ist auch eine gewisse Bildung, vor allem bei finanziellen Themen. Viele Insolvenzen bei Unternehmern und Privaten haben ihre Ursache in mangelhaftem Wissen über Finanzen und Umgang mit Geld.
Was kann Creditreform für Unternehmen tun, um den Erfolg nachhaltig sicherzustellen?
Kubicki: Unsere Dienstleistungen richten sich insbesondere auf die Sicherung der Unternehmensliquidität durch das Vermeiden von Forderungsverlusten. Insofern sind sie nicht nur für Gründer interessant, sondern für jedes Unternehmen. Das Wirtschaftsleben basiert nach wie vor in hohem Maße auf der Vergabe von Lieferantenkrediten. Unternehmen geben also ihren Kunden Kredite, indem sie Leistungen erbringen und erst danach die Bezahlung erhalten. Schon unsere Marketing-Datenbanken nehmen darauf Bedacht und helfen bei der Suche nach prospektiven Kunden mit positiver Bonität. Lieferung vor Bezahlung beinhaltet ein hohes Risiko, das man als Lieferant durch die Nutzung unserer Bonitätsauskünfte minimieren kann. Falls man schon geliefert hat, die Rechnung aber nicht bezahlt wird, übernehmen wir für unsere Kunden den gesamten Prozess des Forderungsmanagements mit hohem Expertenwissen. Und letztlich: Sollte ein Kunde tatsächlich insolvent geworden sein, vertreten wir die Interessen im Insolvenzverfahren. Für alle unsere Services gilt, dass wir sie sowohl national als auch international erbringen.
Es ist ja nicht leichter geworden, Fremdfinanzierung zu organisieren. Welche Quellen sind da am meisten nachgefragt?
Kubicki: Nach unseren Erkenntnissen ist der Bankkredit klare Nummer eins: Leasing ist für 38,1 Prozent und Fac- toring für nur 2,9 Prozent der befragten Unternehmen ein Thema, während 47,1 Prozent nach wie vor auf die Bankkre- ditfinanzierung angewiesen sind.
Wie sehen die Rahmenbedingungen für Unternehmen in Bezug auf die Finanzierung aus, was hat sich in den letzten Jahren geändert?
Kubicki: Aus unseren erwähnten Umfragen unter heimischen Unternehmen geht hervor, dass 39 Prozent von verschärften Kreditbedingungen sprechen und nur 4 Prozent von lockereren. Trotz der Niedrigzinsphase sagen 94 Prozent, dass Kreditgeber mehr Sicherheiten verlangen. Jeder Fünfte berichtet sogar, dass man die Kredite nicht in der gewünschten Höhe bekommen habe oder gar abgelehnt wurde.
Und die Wirtschaftslage generell?
Kubicki: Creditreform befragt seit 1996 zweimal jährlich an die 1.700 heimische Unternehmen nach ihrer aktuellen und zukünftigen Wirtschaftslage. Das aktuelle Ergebnis zeigt, dass auch der österreichische Mittelstand die konjunkturelle Großwetterlage spürt. Die Lage der österreichischen KMU und ihre Erwartungen für die kommenden Monate sind nach wie vor positiv, aber etwas weniger optimistisch als noch vor einem Jahr. Einige Unsicherheiten trüben den Blick in die Zukunft: der nahende BREXIT, die Handelskonflikte der USA mit China und der EU und die damit einhergehende Gefährdung des weltweiten Wachstums sowie die wirtschaftspolitischen Unsicherheiten in Italien mit einer Ansteckungsgefahr für die Eurozone.
Ist es schwieriger geworden, Unternehmer zu sein?
Kubicki: Es war schon immer herausfordernd und anspruchsvoll, als eigenverantwortlicher Unternehmer tätig zu sein. Erforderlich ist aber stets ein Grundverständnis für kaufmännische Vorgänge und ein unternehmerisches Denken, das geprägt sein muss einerseits von Risikoabwägungen und andererseits vom Mut zu Entscheidungen. Die Möglichkeiten der Digitalisierung eröffnen ungeheure Chancen, aber auch zum Teil unvorhersehbare Risiken. Hier Chancen zu erkennen, Mut und Ideen für Innovationen, Risiken wahrzunehmen und gleichzeitig zu managen macht letztlich einen erfolgreichen Unternehmer aus.
Sie sind ja doch ein Gradmesser, ob sich die Wirtschafts lage eintrübt oder nicht.
Kubicki: Wir haben im Herbst 2019 zusammen mit Univ.-Prof. Walter Schwaiger von der TU Wien eine Studie über die Ausfallswahrscheinlichkeit der österreichischen Unternehmen veröffentlicht und damit die derzeitige Risikosituation österreichischer Unternehmen beleuchtet. Zur Messung von Unternehmensausfällen wurden dabei nicht nur die Insolvenzen, sondern darüber hinaus auch die Ausfallsereignisse nach der Definition von „Basel III“, des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht, herangezogen. Demnach gilt ein Unternehmen als ausgefallen, wenn es über 90 Tage im Zahlungsverzug ist bzw. wenn es mit einer hohen Wahrscheinlichkeit seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen wird können. Die Ausfallrate im vergangenen Jahr war konjunkturbedingt mit 1,2 % auf dem niedrigsten Stand seit zehn Jahren. Für 2019 rechnen wir mit einem leichten Anstieg der Ausfallsrate auf 1,23 %, da die Hochkonjunkturphase ihren Zenit überschritten haben dürfte.