14/11/2018

Vor 100 Jahren im ÖGV

Aus dem Bericht über die 2180. Vereinsversammlung
am 14. November 1918 unter Vorsitz des Präsidenten Adolf Schiel:

Meine sehr verehrten Herren!

Die heutige Versammlung halten wir unter einem ganz anderen Regierungssystem ab, als unsere letzte Versammlung. Wir leben nunmehr in einem republikanischen Staate!

Sang- und klanglos verabschiedeten wir die frühere Staatseinrichtung, wenige, vielleicht niemand weinte derselben eine Träne nach. Sang- und klanglos traten wir in das neue Regime, wenn wir von den Blutstropfen absehen wollen, die bei seiner Errichtung durch Mutwillen geflossen sind.

Wohl müssen wir uns sagen, dass wir bisher in einem Staate gearbeitet und gelebt haben, in dem uns freie Entwicklung gewährleistet und jedem fleißigen Industriellen, Handel- und Gewerbetreibenden möglich war, es zu Blüte Ansehen und Wohlstand zu bringen.

Was uns aber in Zukunft erwartet, ist leider noch nicht zu übersehen, nur das eine wissen wir, dass wir schweren Zeiten entgegensehen, und dass wir alle unseren Mut, unsere Kraft und besondere Klugheit werden zusammenfassen müssen, um uns wenigstens auf der erreichten Höhe erhalten zu können.

Die Klugheit wird es in erster Linie erfordern, dass wir uns nicht von Schlagworten, die uns in der jetzigen Situation nur schaden können, leiten lassen dürfen, wir, die wirtschaftlichen Kreise, werden uns ebenso besonnen wie fest zusammenschließen müssen, damit uns, den erwerbenden, wirtschaftlichen Kreisen, die auch in Zukunft alle Lasten zu tragen haben werden, der berechtigte Einfluss auf die Bestimmungen der Geschicke Deutschösterreichs nicht genommen werden kann.

Unser altehrwürdiger Verein, der manchen Sturm erlebt und überdauert hat, soll und muss den bürgerlichen Elementen auch für alle Zukunft ein treuer Hort sein und bleiben, und ich bitte Sie, meine verehrten Herren Mitglieder, halten Sie wie bisher treu zum Vereine, wie auch wir, die heute die Auszeichnung genießen, an der Spitze des geliebten Vereines zu stehen, Ihnen, meine verehrten Herren, erneut das Versprechen abgegeben, jederzeit und allerorts mutvoll und mit allem Fleiß für Ihre Interessen eintreten zu wollen.

(lebhafter Beifall)