Homeoffice Gesetz als vergebene Chance
Der Entwurf hinkt weit hinter den Anforderungen des Digital Workings hinterher.
Der Österreichische Gewerbeverein begrüßt grundsätzlich die Absicht, Regelungen für das Homeoffice zu schaffen. Der vorliegende Entwurf kommt jedoch nicht nur ein knappes Jahr zu spät, er lässt die Chance gleichzeitig auch „Remote Working“ bzw. „Digital Working“ zu erfassen, ohne Not liegen. Damit hinkt der Gesetzgeber der Praxis immer noch weit hinterher.
Mussten im März 2020 Unternehmen praktisch über Nacht Mitarbeiter nach Hause auslagern, so blieb seit dem ersten Lockdown vor einem Jahr Homeoffice für viele Realität. „Daher hat es dringend eine saubere Regelung sowohl für Arbeitgeber als auch für Arbeitnehmer gebraucht. Ein Homeoffice Gesetz macht absolut Sinn, kommt aber spät und lässt erhebliche Lücken“, kritisiert Präsident Peter Lieber den überlangen Meinungsbildungsprozess. Als amtierender Präsident des Verbands der Österreichischen Software Industrie (VÖSI) merkt er auch an: „Das Thema Homeoffice ist schon seit vielen Jahren in nahezu allen IT-Unternehmen selbstverständlich. Darüber hinaus ist mobiles Arbeiten und „working from anywhere“ für viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in IT-Berufen und in Büro-Jobs normal.“ Waren die Mitarbeiter früher maximal ein bis zwei Tage pro Woche im Homeoffice, so sind ist Homeoffice und Remote Work vielfach die Regel und nicht die Ausnahme.
„Corona war nicht Ursache, sondern bloß Beschleuniger. Diese Veränderungen bahnen sich schon lange an und werden bleiben. Es ist daher unverständlich, dass der Gesetzgeber die Chance vergibt „Remote Working“ bzw. „Digital Working“ generell zu regeln. Es geht ja schon längst nicht mehr nur um das Arbeiten in den eigenen vier Wänden. Es geht um mobiles Arbeiten „anywhere, anytime“ und damit um das Aufschließen zu den digitalen Vorreitern in Europa. Wir brauchen daher kein Homeoffice-, sondern rasch ein „Remote Work“-Gesetz, das für alle Beteiligten langfristig Klarheit schafft – auch für die Post-Corona-Ära“, fasst Lieber zusammen.
Keine Tagesfrist von 26 Tagen
Leider war die Begutachtungsfrist (sie endete vergangenen Freitag) viel zu knapp bemessen und damit ungeeignet substanzielle Expertise beizusteuern. „Zuerst passiert monatelang nichts, und dann soll plötzlich im Schnellschussverfahren ein Gesetz auf Schiene gebracht werden – da käme es auf ein paar Tage mehr auch nicht mehr an“, meint der ÖGV-Präsident.
„Die Idee, steuerliche Vorteile bei Anschaffungen im Homeoffice mit einer Frist von auch nur 26 Arbeitstagen im Heimbüro zu koppeln, halten wir nicht für geglückt. Wir wünschen uns keine Tagesbegrenzungen, sondern eine flexible Zugangsweise“, hält Lieber fest. „Im Moment haben wir sehr viele Homeoffice Tage, aber in Zukunft kann das auch wieder ganz anders aussehen, je nach Entwicklung und Anforderungen des Unternehmens.“
Klare betriebsinterne Vereinbarung
Wie umfänglich Homeoffice Zeit anfallen darf, ist vom Job bzw. der jeweiligen Rolle und Position im Unternehmen abhängig. „Es braucht hier ohnehin auch eine klare betriebsinterne beidseitige Vereinbarung für mobiles Arbeiten außerhalb des Firmengebäudes und für das Arbeiten im Homeoffice“, stellt Lieber klar. „Wir leben in einer New World of Working. Das Arbeiten wird immer unabhängiger von Firmenmauern und fixen, starren Arbeitsplätzen. Es ist immer mehr Flexibilität gefragt – das gilt sowohl für Unternehmer als auch für die Mitarbeiter.“
Steuerliche Begünstigung zu niedrig – Befristung unnötig
Die geplante steuerliche Begünstigung in der Höhe von bis zu 600 Euro erachtet der ÖGV als zu niedrig. „Hier wäre das Doppelte an steuerlicher Begünstigung sicher angemessener.“
Wir empfehlen den Unternehmen, nicht tageweise Homeoffice mit den geplanten drei Euro pro Tag abzurechnen, sondern in der Betriebsvereinbarung eine im Gehalt inkludierte Pauschale von 25 Euro pro Monat steuerfrei vorzusehen – damit wird der steuerlich begünstigte Betrag von 300 Euro pro Jahr auf Unternehmerseite ausgeschöpft.“ Der Arbeitnehmer hat zudem die Möglichkeit, selbst zusätzlich bis zu 300 Euro der Anschaffungen fürs Homeoffice als Werbungskosten steuerlich abzusetzen.
Kritik gibt es für die Befristung: „Warum es geplant ist, die steuerlichen Begünstigungen bereits 2023 auslaufen zu lassen, ist nicht nachvollziehbar“, stellt Peter Lieber fest. „Es wäre nachhaltiger, diese langfristig zu gewähren.“
Breitband-Internet für jedes Homeoffice
Und noch ein Vorschlag kommt vom ÖGV. Wichtige Voraussetzung, damit Homeoffice funktioniert, ist ein leistungsfähiger Internet-Anschluss in den eigenen vier Wänden: „Ein echter Gewinn wäre daher Engagement der Politik und zusätzliche finanzielle Unterstützung für die rasche Realisierung eines leistungsfähigen Breitband-Internet-Anschlusses für alle im Homeoffice“, schließt Lieber.
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