16/10/2019

WILHELM EXNER MEDAILLEN VERLEIHUNG 2019

Die Wilhelm Exner Medaille des Österreichischen Gewerbevereins wurde am 16. Oktober 2019 im Palais Eschenbach an Joseph M. DeSimone verliehen. Die Auszeichnung wird seit 1921 an herausragende Wissenschaftler und Forscher, welche die Wirtschaft direkt oder indirekt durch besondere wissenschaftliche Leistungen in hervorragender Weise gefördert haben, vergeben. Zu den seither 235 ausgezeichneten Forschern, Erfindern und Entdecker zählen bislang 22 Nobelpreisträger.

Seit 1839 bewältigen die Mitglieder des Österreichischen Gewerbevereins (ÖGV) den technologisch gestützten Wandel und die sozialen Herausforderungen mit unternehmerischer Kreativität und Entdeckergeist.

Die Wilhelm Exner Stiftung entwuchs direkt aus dieser Haltung. Das Zusammenwirken zwischen Forschung und Unternehmertum schafft eine solide Basis für Wohlstand und Wachstum. Die Träger der Wilhelm Exner Medaille stehen aus diesem Grund für eine schöpferische und ideenreiche Zukunftsausrichtung. Mit der Auszeichnung internationaler Forschungsergebnisse hebt die Exner Medaille genau diese Wechselwirkung hervor.

 

Medaillenträger 2019: Joseph DeSimone

Joseph M. DeSimone erzielte in vielen Bereichen bedeutende Durchbrüche, die nicht nur über fortschrittliche wissenschaftliche Erkenntnisse verfügten, sondern auch zu neuen Plattformtechnologien führten und außergewöhnliche Auswirkungen auf Wirtschaft und Industrie verursachten.

Der Wissenschaftler aus Pennsylvania (USA) orientiert sich an dem motivierenden Prinzip, durch die Kommerzialisierung seiner wissenschaftlichen Entdeckungen und Erfindungen die größtmögliche praktische Wirkung zur Verbesserung der Gesellschaft und der menschlichen Verfassung zu erzielen. DeSimone entwickelte in seinen Bereichen Lösungen, die ganze Forschungsfelder und sogar Industrien verändert haben.

Seine Kompetenzfelder: Chemie, Verfahrenstechnik, Polymere Materialien; 3D-Druck/Zusatzher- stellung/Digitale Fertigung; Nanotechnologie & Nanomedizin, Energiespeicherung, interventio- nelle Onkologie.

Seine Karriere kann in drei Phasen unterteilt werden: Zu Beginn konzentrierte sich DeSimone auf die Grüne Chemie, um Umweltschäden durch industrielle chemische Prozesse zu reduzieren.

Eine weitere Entwicklung waren neue Tenside für grüne Reinigungsprozesse, die die Verwendung halogenierter organischer Lösungsmittel zu senken hilft.

Auf die Phase der Grünen Chemie folgte ein Schwerpunkt auf Nanofertigung und Nanomedizin, insbesondere für Anwendungen in der Humanmedizin. Im Grunde war es eine direkte Auswirkung der Arbeiten zur Polymersynthese, die Entdeckung des „Liquid Teflon“.

Es entstand eine neue Nanofabrikationstechnik genannt Partikelreplikation in nicht-benetzenden Vorlagen (PRINT). Diese Pionierleistung stellt einen beispiellosen Ansatz für das Design und die Synthese von Impfstoffen und Medikamenten dar. Es konnte unter anderem gezeigt werden wie die Aufnahme von Partikeln durch Zellen als Funktion von Partikelgröße, -form und -oberfläche ablaufen. Dies stellt einen Therapieansatz für bestimmte Tumorarten dar. Weitere Errungenschaf-ten sind ein Mikro-Nadel-Injektionssystem für eine Reihe von therapeutischen Anwendungen.

2004 war DeSimone Mitbegründer der Liquidia Technologies. Auf Basis der PRINT-Technologie ging Liquidia eine Partnerschaft mit der Malaria Vaccine Initiative (PATH-MVI) ein, um Malaria- Impfstoffe der nächsten Generation zu entwickeln. Ebenso wird derzeit an der Entwicklung von PRINT-basierten Impfstoffen gegen Dengue und Prostatakrebs gearbeitet. Weitere Einsatzgebiete sind verbesserte Therapien für pulmonale arterielle Hypertonie (PAH) und ein präklinisches Produkt für diabetisches Makulaödem.

 

Die jüngsten Errungenschaften von Joseph DeSimone kommen aus dem 3D-Druck.

Das erklärte Ziel des Wissenschaftlers ist es diese Technologie in eine lebensfähige Fertigungstechnologie zu verwandeln. Von intrinsischer Bedeutung dafür ist die Druckgeschwindigkeit. Der 3D-Druck funktionierte bis dato als 2D-Druck. Materialien werden Schicht für Schicht abgeschieden, um ein Objekt zu konstruieren.

Joseph DeSimone überdachte die grundlegende Physik und Chemie des 3D-Drucks neu und erfand die Continuous Liquid Interface Production (CLIP)-Technologie.

CLIP generiert Teile hundertmal schneller als bisherige Prozesse. CLIP-Teile sind schichtlos, vergleichbar mit Spritzgussteilen in Festigkeit und Leistung und sofort in vielen Bereichen einsetzbar. Mit CLIP gelang es dem Wissenschaftler die seit Langem bestehenden großen Nachteile des 3D-Drucks zu beheben: Langsamkeit, Teilequalität und eine unzureichende Materialauswahl.

Die Anwendungsgebiete reichen von Bauteilen in der Automobilindustrie, der Luft- und Raumfahrt und der Medizin inklusive Zahnmedizin. Im Jahr 2017 gaben Carbon und Adidas eine wichtige Partnerschaft für die Produktion von Sportschuhen bekannt. Sie lancierten den Futurecraft 4D Laufschuh, der 2017 als Top-Erfindung des Time Magazine ausgezeichnet wurde. Dem Nachfolgeprodukt AlphaEdge werden für 2019 Millionenumsätze prophezeit.

Die Möglichkeit komplexe Geometrien sowie wie leichte, hochfeste Gitterstrukturen herzustellen, kann sogar Produkte hervorbringen, die die Kraftstoffeffizienz erhöhen.

Eine weitere Auswirkung könnte das Ende der Inventur sein, denn Branchen wie die Automobilindustrie können ihre Milliarden für die Lagerung von Ersatzteilen in Zukunft an anderer Stelle investieren.

Möglich wird dies durch die Leitung seines Unternehmens Carbon, das Joseph DeSimone auf Basis von CLIP mitbegründet hat. Carbon beschäftigt bereits über 350 Mitarbeiter und erreichte 2017 einen Wert von 1,7 Milliarden Dollar.

Joseph DeSimone erhielt unter vielen anderen Auszeichnungen 1997 den U.S. Presidential Green Chemistry Challenge Award, 2008 den Lemelson-MIT-Preis, 2016 aus den Händen des damalige Präsidenten Barack Obama die Nationalmedaille und 2017 den Heinz Award für Technologie, Wirtschaft und Beschäftigung.

 

Fotocredit: Daniel Mikkelsen / leadersnet.at